Thursday, August 12, 2010

Ecuador beläßt Erdöl im Boden

Yasuni Nationalpark
Am 3. August 2010 hat die ecuadorianische Regierung ein richtungsweisendes Dokument unterzeichnet, um Ölbohrungen in den ökologisch einzigartigen Gebieten Ishpingo-Tambococha-Tiputini des Yasuni Nationalparks (Yasuni-ITT) zu verhindern.

Das Abkommen, unterzeichnet von der Regierung des linken Präsidenten Rafael Correa und dem United Nations Development Program (UNDP), garantiert, dass die geschätzten 900 Millionen Barrel Erdöl, die unter der noch unberührten Amazonas-Region liegen, nicht angerührt werden, so wenig wie der Wald darüber.

Im Austausch erhält Ecuador 3.6 Mrd. $ als Kompensation für die Einnahmen, die es ansonsten durch das Öl gehabt hätte – etwa die Hälfte des geschätzten Wertes.

Der Yasuni Nationalpark ist einer der artenreichsten Plätze der Welt und besteht aus 982 000 ha Regenwald am Fuße der Anden. Er enthält mehr Baumarten auf einem Hektar als es in den ganzen USA und Kanada zusammen gibt.

Er beherbergt mindestens 28 höchst gefährdete Säugetiere, wie Jaguar, Weißstirnklammeraffe, Riesenotter und Rundschwanzseekühe sowie hunderte Arten, die es sonst nirgends auf der Erde gibt.

Yasuni ist auch die Urheimat der Huaorani und zwei weiterer indigener Völker, die in freiwilliger Isolation leben, die Tagaeri und die Taromenane.



In den vergangenen Jahrzehnten sind große Teile des Amazonas in Ecuador durch Ölbohrungen auf Dauer geschädigt worden. Indigene Gemeinden haben sowohl die Hauptlast der ökologischen Zerstörung als auch die gewaltsame Unterdrückung durch Ölgesellschaften getragen.

Ein großer Prozess von 30 000 Bewohnern des Amazonas gegen Chevron Texaco wegen Verursachung eines „Amazonas-Tschernobyl“ ist nahezu spruchreif trotz 20-jähriger Drohungen und Manöver der Ölgesellschaft.

Correa setzte 2007 die Yasuni-Initiative in Gang und bemühte sich um internationale finanzielle Beiträge in Höhe der Hälfte der wahrscheinlichen Einnahmen im Tausch für die Belassung der Reserven unangerührt.

Vermittels dieses Projekts will Correa Gelder für wichtige soziale Programme und Infrastruktur in Ecuador erhalten, gleichzeitig die Umwelt schützen und einen Beitrag gegen den Klimawechsel leisten.

Die Verhandlungen über das Projekt brachen beinahe zusammen. Die internationale Unterstützung war minimal und Ecuador verbrauchte drei Außenminister und drei Verhandlungsteams. Correa kritisierte viele von ihnen, weil sie nicht tatkräftig genug verhandelten.

Gleichzeitig gingen die Bohrungen in Teilen des Parks weiter. Indigene und Umweltschützer stießen mit der Regierung zusammen, als sie Straßen blockierten und riesige Demonstrationen organisierten.

Bürgerorganisationen in Ecuador und das Huaorani-Volk arbeiten gemeinsam daran, das Projekt am Leben zu halten und nationale sowie internationale Hilfe zu gewinnen. Die anfänglichen Spenderländer waren Deutschland, Spanien, Frankreich, Schweden und die Schweiz, die zusammen etwa 1.5 Mrd. $ aufbrachten.

Sobald die Gelder eintreffen, werden sie in einen Treuhand - Fond platziert, der von der UNDP verwaltet wird; dieser wird genutzt, um 4.8 Millionen ha in den übrigen Nationalparks Ecuadors zu schützen, um erneuerbare Energiequellen zu entwickeln sowie Schulen und Krankenhäuser für die indigene Bevölkerung zu bauen.

„Wir wollen nichts Geringeres als ein neues Paradigma für Entwicklung. Das ist es, was die Mehrheit von Ecuadors Bevölkerung wünscht“, sagte Daniel Ortega, Sprecher des Ministeriums für Umwelt und Klimaveränderung.

„Yasuni wird über Generationen hinweg geschützt“

Das neu getroffene Abkommen verhindert auch die Freisetzung von ca. 410 Millionen t Kohlendioxid durch Verbrennung des Öls und könnte einen radikalen Präzedenzfall für künftige Verhandlungen zur Klimaveränderung werden. Guatemala und Nigeria sind bereits an Ecuador herangetreten, um ähnliche Programme zu entwerfen.

Das Lob für das Projekt ist jedoch verhalten wegen der Sorge der Umwelt- und indigenen Gruppen, dass der Yasuni-Deal der ecuadorianischen Regierung einen Deckmantel liefert, um andere Gebiete am Amazonas der Erschließung zu öffnen.

„Wir hoffen, dass der Erfolg des Yasuniprojekts nicht eine Niederlage für die Wälder und Menschen in den südlichen Regenwäldern bedeutet“, sagte German Freire, Präsident des Achuar-Volkes der gemeinnützigen Amazon Watch.

„Wir wollen nicht, dass Correa die verlorenen Einnahmen aus dem ITT-Projekt dadurch wettmacht, dass er ebenso unberührtes indigenes Land anderswo freigibt.“

Die ecuadorianische Regierung selbst betonte, dass das Abkommen erst Wirklichkeit wird, wenn die versprochenen Gelder von den Regierungen tatsächlich bezahlt sind.

Trotz der Kritik der indigenen und Umweltgruppen sind unter der Regierung Correa eine Reihe von Fortschritten gemacht worden.

Im Juli hat die UNESCO die Galapagos-Inseln von der Roten Liste des gefährdeten Welterbes gestrichen, als Anwort auf Ecuadors Anstrengungen, die Auswirkungen des Tourismus, der Fischerei und nicht-heimischer Arten zu reduzieren.

Ecuadors neue Verfassung – entworfen von einer Bürgerversammlung 2007 und 2008 angenommen – garantiert das Recht auf sauberes Wasser und gewährt durchsetzbare gesetzliche Rechte für die Umwelt.Ein weit verbreitetes Mißtrauen gegenüber Correas Bergbau-und Wasserpolitik besteht nach wie vor unter den mächtigen indigenen und Umwelt-Bewegungen Ecuadors. Beite Seiten haben sich gegenseitig in den vergangenen Monaten beschimpft.

Das Yasuni-Abkommen kommt eine Woche, nachdem Ecuador ein Gesetz erlassen hat, das die Kontrolle des Staates über den Ölsektor vermehrt. Zuvor haben Förder-gesellschaften und die Regierung sich die Kosten und Profite der Produktion geteilt, wobei die Gesellschaften allerdings zusätzliche Steuern für Extragewinne zahlen mußten.

Nach dem neuen Gesetz besitzt Ecuador das Öl zu 100%, und der Staat erhält 25% der Bruttoerdöleinnahmen. Die Gesellschafdten erhalten einen Pauschal“preis“ für die „Dienstleistung“ der Förderung von Ressourcen.

Das neue Abkommen bedeutet, dass Ecuador statt die Erdölgesellschaften der Hauptnutznießer bei Fluktuationen des internationalen Erdölpreises sein wird.

„Der neue Bezahlungsplan wird wahrscheinlich private unerwartete Gewinne reduzieren, wenn Erdölpreise schnell steigen“, sagte Alexis Mera, juristischer Sekretär im Büro des Präsidenten, zur Fernsehstation Uno.

„Mit dem neuen Gesetz bezahlen wir ihnen einen Betrag für produziertes Öl“, sagte Mera, „sie können nicht einen Tropfen Öl abzweigen.“ Correa drohte auch, dass Gesellschaften, die sich weigern, die Erdölverträge nach den Richtlinien des neuen Gesetzes zu verhandeln, nationalisiert werden. Die Gesellschaften haben 120 Tage, um ihre Verträge neu zu verhandeln oder sie werden von der staatlichen Erdölgesellschaft Petro-Ecuador übernommen.

Ecuador ist der fünftgrößte Erdölproduzent Amerikas mit einer geschätzten Produktion von 480 000 Barrels pro Tag, was 60% der Exporteinnahmen des Landes einbringt, das finanzielle Rückgrat der Sozialprogramme Correas.

Quelle: http://www.greenleft.org.au/node/45045 
Erscheinungsdatum des Originalartikels: 07/08/2010

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